Was ist die Gynäkomastie?
Bei der ‚echten‘ Gynäkomastie wächst beim Mann Brustdrüsengewebe und die Brust wird sichtbar größer. Oft kann sich das negativ auf die Psyche des Betroffenen auswirken. Besonders Jugendliche empfinden oft ein ausgeprägtes Schamgefühl. Das kann so weit gehen, dass sie sich nicht in der Lage sehen, eine Partnerschaft einzugehen. Manche Männer klagen über Spannungen in der Brust, selten werden auch mäßige ziehende Schmerzen beschrieben. Die operative Korrektur kann je nach Ausprägung der Gynäkomastie ambulant, tagesklinisch oder auch stationär vorgenommen werden.

Formen und Behandlung der ‚echten‘ und der ‚falschen’ Gynäkomastie
Bei der echten Gynäkomastie (gynecomastia vera) handelt es sich um ein gutartiges Wachstum von Brustdrüsengewebe beim Mann. Sie tritt manchmal auch nur einseitig auf. In der Regel sind jedoch beide Seiten befallen, wobei auch hier ungleich starke Ausprägungen vorkommen können. Die Gynäkomastie ist nicht krankhaft, sondern ein natürliches Überbleibsel der Pubertät bei jungen Männern. Die ‚falsche‘ Gynäkomastie wird auch Pseudogynäkomastie genannt, die korrekte Bezeichnung lautet aber Lipomastie. Hier liegt die Ursache der vergrößerten Brust ausschließlich an einer vermehrten Fettansammlung hinter dem Warzenhof, die auch nie krankhaft ist. Sowohl die reine Gynäkomastie als auch die alleinige Lipomastie sind eher selten. In etwa 95 % aller Fälle von vergrößerter Brust beim Mann findet man Mischformen, also Brustdrüsengewebe hinter dem Warzenhof gemeinsam mit vermehrtem Fett.
Gynäkomastie – Fakten und Wissenswertes
Nachstehend wichtige Details über Entstehung und Ausprägungsformen der Gynäkomastie.
Wie sieht eine Gynäkomastie aus?
Die Gynäkomastie ist am freien Oberkörper je nach Ausprägung mehr oder weniger deutlich sichtbar. Wenn sie nur gering ausgeprägt ist, erkennt man sie eher in der Seitenansicht oder im Halbprofil, also bei 45° abgewendetem Oberkörper. Dabei sticht die vorgewölbte Brustwarze hervor, während die abgewendete Brust die Körpersilhouette bildet. Wenn sie stärker ausgeprägt ist, erkennt man die Vorwölbung auch unter anliegender Kleidung (T-Shirt), und in extremen Fällen (Köbchen B/C beim Mann !) kann sie kaum verborgen bleiben. Die Gynäkomastie ist, wie bereits erwähnt, fast immer keine Erkrankung, selten kann sie jedoch das Ergebnis eines krankhaften hormonellen Ungleichgewichts sein.
Da Männer mit Brustdrüsengewebe an Brustkrebs erkranken können, werden in Österreich die Kosten für die Entfernung von Brustdrüsengewebe bei einer Gynaecomastia vera von der Sozialversicherung übernommen; somit ist das Vorhandensein von Brustdrüsengewebe beim Mann als Krankheitsbild anerkannt, selbst dann, wenn die Ursache nicht krankhaft ist.
Ursachen der (echten) Gynäkomastie
Die nicht krankhafte Gynäkomastie
Jeder 2. Mann hat Brustdrüsenzellnester hinter dem Warzenhof. Wenn diese Zellen einen positiven Hormonrezeptor für Östrogen (eines der weiblichen Sexualhormone das aber auch beim Mann in der Nebenniere produziert wird) aufweisen, würden diese Zellen bei Ansteigen des Östrogenspiegels im Blut wachsen und größer werden. Genau das geschieht bei der Pubertät: beim jungen Mann steigt im Rahmen der Pubertät der Testosteronspiegel an. Der Körper empfindet das als einseitige hormonelle Entgleisung, daher produziert die Nebenniere zum Ausgleich vermehrt Östrogen; daher wachsen die Brustdrüsenzellnester während der Pubertät stark an, natürlich vorausgesetzt, der Hormonrezeptor ist positiv. Nach der Pubertät sinkt der Testosteronspiegel wieder ab und mit ihm auch das Östrogen, die Brustdrüsenzellen bilden sich wieder zurück – aber eben nicht immer: Bei etwa jedem 100. Mann bleibt diese Rückbildung aus und es verbleibt eine ‚echte‘ Gynäkomastie. Das ist grundsätzlich nichts Gefährliches und auch nichts Krankhaftes.
Neugeborenen Gynäkomastie
Ähnliches geschieht beim Neugeborenen (Wirkung der Plazentahormone auf die Brust) – nach einigen Wochen bildet sie sich zurück.
Altersgynäkomastie
Aufgrund des natürlichen Abfalls des Testosteronspiegels im Alter, steigt kompensatorisch der LH-Spiegel an (Luteinisierendes Hormon). Das führt zur erhöhten Östrogenproduktion in der Nebenniere.
Häufigkeit einer Gynäkomastie
Von den erwachsenen Männern sind bis zu 1 % betroffen (also jeder hundertste), wobei, wie bereits erwähnt, etwa 95% als Mischformen vorkommen (Brustdrüsengewebe und vermehrt Fett). Ca. 60 % der Jugendlichen in der Pubertät haben besonders im Alter von ca. 14 Jahren vorübergehend vergrößerte Brustdrüsen.
Die krankhafte Gynäkomastie
Die Ursachen dafür können vielfältig sein, aber prinzipiell ähnlich: alle krankhaften Veränderungen des Hormonhaushaltes beim Mann können zu einer echten Gynäkomastie führen, wenn eine verminderte Produktion von Testosteron oder ein Überschuss am weiblichen Hormon Östrogen damit verbunden ist.
Da das Brustdrüsengewebe sehr sensibel auf Schwankungen im männlichen Hormonhaushalt reagiert, kann durch Störungen des hormonellen Gleichgewichts das Wachstum der männlichen Brust begünstigt werden. Deshalb sind alle Ursachen, die in das hormonelle Gleichgewicht eingreifen können, Risikofaktoren für eine gynaecomastia vera.
Diesem Ungleichgewicht der Hormone können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen:
- Tumore der Hypophyse
- Tumore der Nebenniere
- Fehlender Testosteron Effekt bei normaler Hormonproduktion (Androgenresistenz)
- Klinefelter-Syndrom (angeborenes Fehlen oder Fehlbildung der Hoden, 47-XXY)
Da die Leber unter anderem Hormone wie Östrogen abbaut, kann eine chronische Lebererkrankung wie Leberzirrhose zu einem Überschuss an weiblichen Hormonen führen.
Auch eine chronische Funktionsstörung der Niere wie Nierenschwäche (Niereninsuffizienz), kann auf den Hormonhaushalt wirken, da sie die Filterfunktion der Niere verändert.
Es kann auch bei einem Verlust eines oder beider Hoden zu einer echten Gynäkomastie kommen, da sich in diesem Fall das Verhältnis Östrogen und Testosteron in einem solchen Ausmaß verändern kann, dass das Brustdrüsengewebe anwächst.
Ebenso kann eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zu einem veränderten Hormonhaushalt führen, der eine Gynäkomastie begünstigt.
Übergewicht und falsche Ernährung
Eine vergrößerte männliche Brust tritt häufig auch bei Übergewicht (Adipositas) auf. Hier ist die mögliche Ursache das vermehrte Fett, dass Östrogen speichert. Vermehrtes Fett bedeutet vermehrtes Östrogen, also kann bei Übergewicht auch das Brustwachstum induziert werden. In diesem Fall natürlich auch mit vermehrtem Fett.
Auch eine Magersucht kann durch den Abfall des Testosteronspiegels zur Entstehung einer Gynäkomastie führen.
Pflegeprodukte, Medikamente oder Droge
Eine weitere Ursache für die Entstehung der Gynäkomastie können auch Medikamente, Drogen und Pflegeprodukte sein. Antidepressiva, Antibiotika oder Herzmedikamente können den Hormonstoffwechsel ebenfalls beeinflussen. Darüber hinaus kann auch ein langjähriger Konsum von Heroin, Marihuana und Alkohol eine mögliche Ursache für eine hormonelle Veränderung sein, die zur echten Gynäkomastie führt. Eine häufige Ursache für die medikamentös induzierte Gynäkomastie ist die Einnahme von Anabolika, was leider oft bei Bodybuildern der Fall ist.
Es gibt Haar- und Hautpflegeprodukte, in denen kleine Mengen künstlicher weiblicher Hormone vorkommen. Sie können über die Kopfhaut und die Haut in den Blutkreislauf des Körpers gelangen. Auch chemische Substanzen in Teebaum- und Lavendelöl (die nicht 100% naturrein sind) stehen im Verdacht, wie Östrogene zu wirken. Das alles kann ebenso zur gynaecomastia vera führen.
Hormonelle Veränderungen
Bei erwachsenen jungen Männern liegt der normale Hormonspiegel an Östrogen bei etwa bei 20 bis 40 Picogramm/Milliliter Blut, während der normale Spiegel an Testosteron ungefähr 6 Nanogramm/Milliliter Blut liegt.
Der Quotient von Testosteron/Östrogen liegt damit in etwa bei 200 bis 300.
Entsteht die Pseudogynäkomastie durch Übergewicht im Alter, so lagert sich das Fett gerne in der männlichen Brust an. Es können aber auch Lipome als Ursache der Erkrankung vorliegen.
Diagnostik der Gynäkomastie
Wenn bei einem Mann die Brust wächst, oder wenn er hinter dem Warzenhof eine Verhärtung spürt, sollte er sich von einem Arzt untersuchen lassen. Die wichtigsten diagnostischen Schritte umfassen:
- Mammographie
- Ultraschall der Brust
- Hormonstatus
Wenn der Hormonstatus verändert ist, muss die Ursache abgeklärt und natürlich auch behoben werden bevor man operiert.
Damit die/der Ärztin/Arzt unterscheiden kann, ob eine Pseudogynäkomastie oder eine echte Gynäkomastie vorliegt, ist es hilfreich, die Brust abzutasten. So kann schnell unterschieden werden, ob Drüsengewebe oder nur Fett vorliegt. Die Diagnose lässt sich auch sehr gut mit dem Ultraschallgerät und der Mammographie (Röntgen) feststellen. Für den Ausschluss eines krankhaften Geschehens wird ein Hormonstatus erhoben.
Falls die männliche Brust seit der Geburt besteht oder der Arzt keine Ursache dafür feststellen kann, so kann eine Chromosomenanalyse helfen, damit eine Störung im Erbgut ausgeschlossen werden kann. Häufig wird eine solche Untersuchung aus Kostengründen nur bei weiteren Anhaltspunkten für eine genetische Krankheit vorgenommen.
Stadien einer Gynäkomastie
Wenn der Durchmesser des Brustwarzenhofes beim Mann über 3 cm beträgt, liegt oft auch eine Gynäkomastie vor.
Das Wachstum der Brust lässt sich anhand der Größe und der Form der Brustwarze in die 5 Tanner-Stadien einteilen:
- B1: Der Brustdrüsenkörper ist tastbar.
- B2: Die Brustdrüsen sind vorgewölbt und der Warzenhof ist vergrößert.
- B3: Der Brustdrüsenköper ist größer als der Warzenhof.
- B4: Der Warzenhof hebt sich ab und der Brustdrüsenkörper wirkt solide.
- B5: In diesem Stadium entspricht die männliche Brust der ausgereiften weiblichen Brust.
Beispielfotos Buch
Korrekturmöglichen der männlichen Brust

Wenn Brustdrüsengewebe festgestellt wird, kann die operative Entfernung mit einer Kostenübernahme durch die Sozialversicherung durchgeführt werden, wurde nur vermehrt Fett gefunden, dann ist die Korrektur rein ästhetisch und muss selbst bezahlt werden.
Für die Mischformen (95%) gilt: Die Entfernung des Brustdrüsengewebes zahlt die Krankenkassa, die Entfernung des Fetts, bzw. eine ggf. notwendige Bruststraffung in der Regel nicht.

Wenn die vergrößerte Brust ausschließlich aus vermehrtem Fett besteht (also wenn eine Lipomastie besteht) , ist fast immer auch Übergewicht im Spiel, dann können Gewichtsreduktion und gezielte sportliche Aktivitäten das Erscheinungsbild oft verbessern. Manchmal reichen aber Abnahme und Sport nicht aus, und die Lipomastie bleibt trotz Erreichens des Normalgewichts bestehen. Die Betroffenen werden dadurch oft unglücklich, schämen und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, da sie sich nicht männlich genug fühlen. In diesem Fall kann die bewährte Methode der Fettabsaugung eine dauerhafte Verbesserung des Körperbildes und des Körpergefühls bringen, sodass durch Wegfall des Stigmas das Selbstbewusstsein wieder steigt. Wenn nötig, bzw. wenn sehr viel Fett abgesaugt werden musste, kann auch eine (Brust) Straffung notwendig sein.
Wenn pathologische Gründe für eine Gynäkomastie ausgeschlossen werden können, steht einer operativen Korrektur im Grunde nichts im Weg.
Eine Operation für die Korrektur der echten Gynäkomastie umfasst folgende Schritte:
- Entfernung des Brustdrüsengewebes
- Entfernung des vermehrten vorhandenen Fettes, falls vorhanden
- Entfernung von vorhandenem Überschuss von Haut
Bei der Korrektur einer Gynäkomastie mit starkem Fett- und Hautüberschuss könnte der Eingriff mit einer Bruststraffung kombiniert werden, es hat sich aber gezeigt, dass die ggf. notwendige Straffung besser in einer zweiten Operation durchgeführt werden soll: es geht dabei um die Hautdurchblutung, die bei einzeitigen Eingriffen deutlich mehr gefährdet ist. Unabhängig davon muss fast bei jeder Korrektur einer echten gynäkomastie (95 %) aus ästhetischen Gründen auch Fett abgesaugt werden. Nur so ist ein harmonischer Übergang mit der benachbarten Region ohne Stufenbildung möglich.
Warzenhof
Es gibt auch Fälle von gynaecomastia vera und Lipomastie bei welchen der Durchmesser des Warzenhofes verkleinert werden soll/kann wenn er für zu gros empfunden wird. Für Männer gelten 22-24mm Durchmesser als ideale Maße. Grundsätzlich ist das aber keine Empfehlung, jeder Mann soll frei entscheiden, ob der Durchmesser seiner Areolen für ihn wichtig ist und ob er ihn ggf. verkleinern möchte.
Die Ausprägung einer Gynäkomastie ist starken individuellen Schwankungen unterworfen, und so kann manchmal auch eine einfache Fettabsaugung in Kombination einer Bruststraffung sinnvoll sein. Besonders dann, wenn die männliche Brust nur einseitig auftritt.
Allerdings entscheidet jeder Betroffene selbst, inwiefern ihm das Erscheinungsbild stört und ob er sich und wie weit er sich eine Brustkorrektur wünscht.
